Europäischer Luftverkehr boomt, Deutschland fliegt hinterher | Deutsche Flughäfen sehen sich im Wettbewerb benachteiligt und rufen die Politik zum entschlossenen Handeln auf

Foto PM31 2024

Quelle: Euro­con­trol

Ber­lin, 27. Dezem­ber 2024. Neid­voll bli­cken die deut­schen Flug­hä­fen auf die benach­bar­ten Stand­orte im euro­päi­schen Aus­land. Dort gilt die Corona-Pandemie als über­wun­den. Mit 99 Pro­zent der Flug­be­we­gun­gen erreicht das euro­päi­sche Aus­land durch­schnitt­lich bereits annä­hernd das Vor-Corona-Niveau. Viele Län­der in Süd- und Ost­eu­ropa lie­gen bereits deut­lich über dem Ver­kehrs­ni­veau von 2019: Grie­chen­land mit +18 Pro­zent, Tür­kei mit +12 Pro­zent und Polen mit +9 Pro­zent. Deutsch­land hin­ge­gen zählt gemes­sen an den Flug­be­we­gun­gen aktu­ell zu den letz­ten drei Luft­fahrt­na­tio­nen. Neben Deutsch­land sind dies noch Finn­land und Schwe­den. Hierzu erklärt ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Bei­sel: „Die deut­schen Flug­hä­fen wer­den von den Rei­sen­den für ihre hohen Qua­li­täts­stan­dards geschätzt. Und den­noch: Ver­gli­chen mit den rasan­ten Markt­ent­wick­lun­gen im euro­päi­schen Luft­ver­kehr, ist die der­zei­tige ver­kehr­li­che und wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung mit einer Recovery-Rate von 84 Pro­zent ernüch­ternd. Unterm Strich ste­hen die Zei­chen in Deutsch­land noch immer auf Still­stand.“

Wäh­rend sich Finn­land und Schwe­den durch die Sper­rung des rus­si­schen Luft­raums in einer Son­der­lage befin­den, sind die Ursa­chen für die Ver­kehrs­ver­luste in Deutsch­land haus­ge­macht. Was für viele rele­vante Wirt­schafts­sek­to­ren in unse­rem Land zutrifft, gilt auch für den Luft­ver­kehr: „Unsere Bran­che hat ihre Wett­be­werbs­fä­hig­keit durch über­bor­dende staat­li­che Belas­tun­gen ver­lo­ren. Seit 2019 haben sich die staat­li­chen Steu­ern und Gebüh­ren annä­hernd ver­dop­pelt. Fol­ge­rich­tig keh­ren Air­lines dem Hochkosten-Standort Deutsch­land den Rücken zu und set­zen ihre Flug­zeuge lie­ber an Flug­hä­fen im euro­päi­schen Aus­land ein. Die Kon­se­quen­zen sind für Unter­neh­men in den Regio­nen aber auch für jeden Privat- und Geschäfts­rei­sen­den spür­bar. In- und aus­län­di­sche Air­lines ver­las­sen den deut­schen Markt, von deut­schen Flug­hä­fen wer­den immer weni­ger Flug­ziele ange­bo­ten. Nicht nur der Luft­ver­kehr wird spür­bar beein­träch­tigt, die hei­mi­sche Wirt­schaft lei­det ins­ge­samt“, so Bei­sel.

Drin­gen­der Appell an eine neu gewählte Bun­des­re­gie­rung
ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Bei­sel erklärt: „Die deut­schen Flug­hä­fen set­zen dar­auf, dass die neue Bun­des­re­gie­rung die Luft­ver­kehrs­steuer umge­hend abschafft. Deutsch­land darf nicht wei­ter den Anschluss ver­lie­ren. Die Luft­ver­kehr­steuer ist eine haus­ge­machte Fes­sel.“ Und wei­ter mit Blick auf die Luft­ver­kehrs­ent­wick­lung in Schwe­den führt Bei­sel aus: „Die schwe­di­sche Regie­rung hat punkt­ge­nau gehan­delt und wird auf­grund der mas­si­ven Ver­kehrs­ein­brü­che die dor­tige Luft­ver­kehr­steuer wie­der auf­he­ben. Die­sem Bei­spiel müs­sen wir in Deutsch­land zügig fol­gen. Um die Wachs­tums­po­ten­ziale des Luft­ver­kehrs wie­der frei­zu­set­zen, muss in einem wei­te­ren Schritt die Absen­kung der hoheit­li­chen Kos­ten für die Luft­si­cher­heit erfol­gen.“

ADV-Prognose: Aus­blick bei unver­än­der­ten Rah­men­be­din­gun­gen 
Es bedarf einer grund­sätz­li­chen Trend­um­kehr, denn der Aus­blick auf das kom­mende Jahr und die Fol­ge­jahre ist grau und trübe: Die durch­aus vor­han­dene Nach­frage der Rei­sen­den wird durch ein kaum vor­han­de­nes inner­deut­sches Luft­ver­kehrs­an­ge­bot erstickt. Der Ange­bots­auf­bau im inter­na­tio­na­len Ver­kehr bleibt eben­falls hin­ter der Nach­frage zurück, da in- und aus­län­di­sche Air­lines ihre Flug­zeuge an ca. 600 Flug­hä­fen in Europa abflie­gen las­sen kön­nen und nicht auf Ver­bin­dun­gen über Deutsch­land ange­wie­sen sind. Die teu­ren deut­schen Stand­orte wer­den so lange umflo­gen, wie die staat­li­chen Belas­tun­gen nicht zurück­ge­nom­men wer­den. Ohne grund­le­gende Rich­tungs­än­de­rung wird sich bis 2030 die Wachs­tums­dy­na­mik an den deut­schen Flug­hä­fen von Jahr zu Jahr wei­ter ver­rin­gern. Ein Pas­sa­gier­auf­kom­men wie 2019 von knapp 250 Mil­lio­nen und eine damit ein­her­ge­hende voll­stän­dige Erho­lung wäre somit frü­hes­tens für 2029 zu erwar­ten. Deutsch­lands Luft­ver­kehr würde auch die kom­men­den Jahre hin­ter­her­flie­gen. Eine wei­tere deut­sche Schlüs­sel­bran­che würde dau­er­haft abge­hängt.

Graphik Eurocontrol

Quelle: Euro­con­trol

ADV-Erläuterung: Im gesam­ten euro­päi­schen Luft­raum wur­den im Zeit­raum KW01 bis KW48 (01.01.2024 bis ein­schließ­lich 01.12.2024) fast 10 Mil­lio­nen Flug­be­we­gun­gen gezählt. Im Ver­gleich zum sel­ben Zeit­raum des Jah­res 2019 wird im euro­päi­schen Aus­land damit eine Recovery-Rate von 99% und damit eine annä­hernd voll­stän­dige Erho­lung erreicht. Deutsch­land liegt im Ver­gleich zum rest­li­chen Europa um 15 Pro­zent­punkte hin­ter dem Erho­lungs­pfad – und das, obwohl Deutsch­land eines der ver­kehrs­reichs­ten Län­der in Europa ist.

Berück­sich­tigt wer­den die im jewei­li­gen Land vom Euro­con­trol Net­work Mana­ger erfass­ten star­ten­den oder lan­den­den IFR-Flugbewegungen. Dar­ge­stellt sind die 20 ver­kehrs­stärks­ten Län­der, die im Bereich des Total Net­work Mana­ger Areas lie­gen.

Hin­weis: Wei­tere Ver­kehrs­sta­tis­ti­ken, ins­be­son­dere zur Ent­wick­lung der Pas­sa­gier­zah­len fin­den Sie unter https://​dash​board​.adv​.aero/​s​t​a​r​t​s​e​ite. Das ADV-Dashboard Ver­kehr bie­tet Ihnen eine digi­ta­li­sierte Luft­ver­kehrs­sta­tis­tik der deut­schen Flug­hä­fen – dyna­misch visua­li­siert und indi­vi­du­ell fil­ter­bar! Natür­lich sind die Daten des Monats Novem­ber bereits inte­griert.

ADV-PM 31 2024 Euro­päi­scher Luft­ver­kehr boomt, Deutsch­land fliegt hin­ter­her