Grüne Ampel für eine wettbewerbsfähige Luftverkehrspolitik gefordert – Kein Konjunkturprogramm für ausländischen Luftverkehr durch Erhöhung der Luftverkehrsteuer – ADV als Sachverständiger im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages

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Ber­lin, 04. Novem­ber 2019. „Deutsch­land hat alle Chan­cen, die Ampeln auf Grün zu stel­len. Dazu gehört auch der Mut für unver­zicht­bare poli­ti­sche Wei­chen­stel­lun­gen, wie die Ver­wen­dung der Ein­nah­men aus der Luft­ver­kehr­steuer zur För­de­rung von grü­nem Kraft­stoff“, betont ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Bei­sel. Der Flug­ha­fen­ver­band ADV ist als Sach­ver­stän­di­ger zur öffent­li­chen Anhö­rung heute am 04. Novem­ber 2019 in den Finanz­aus­schuss des Deut­schen Bun­des­ta­ges gela­den. Gemäß dem aktu­el­len Ent­wurf zur Ände­rung des Luft­ver­kehr­steu­er­ge­set­zes soll die Luft­ver­kehrs­wirt­schaft mit zusätz­li­chen Kos­ten von mehr als 740 Mio. EUR p.a. belas­tet wer­den.

Der Flug­ha­fen­ver­band ADV for­dert in sei­ner Stel­lung­nahme für die Anhö­rung u.a.:

  • Die deut­schen Flug­hä­fen for­dern nach wie vor die Abschaf­fung der Luft­ver­kehr­steuer. Die Luft­ver­kehr­steuer führt zu nicht hin­nehm­ba­ren Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen. Die Ein­füh­rung der Luft­ver­kehr­steuer war und bleibt ein ord­nungs­po­li­ti­scher Sün­den­fall.
  • Die Luft­ver­kehr­steuer dient einem sys­tem­frem­den Zweck: Mit der Steuer wer­den all­ge­meine Haus­halts­de­fi­zite aus­ge­gli­chen, die nicht durch den Luft­ver­kehr ver­ur­sacht wer­den.
  • Die Ein­nah­men aus der Luft­ver­kehr­steuer wer­den zu einem gro­ßen Teil durch staat­li­che Min­der­ein­nah­men an ande­rer Stelle auf­ge­zehrt.
  • Sie ent­fal­tet kei­ner­lei posi­tive Len­kungs­wir­kung: Weder unter­stützt sie lei­se­res noch emis­si­ons­är­me­res Flie­gen. Statt­des­sen schwächt sie die finan­zi­elle Leis­tungs­fä­hig­keit von Flug­hä­fen und Air­lines.

Die bereits bestehende Wett­be­werbs­be­nach­tei­li­gung deut­scher Air­lines und Flug­hä­fen wird durch eine Anhe­bung der Luft­ver­kehr­steuer wei­ter ver­schärft. Ins­be­son­dere bei den preis­sen­si­blen Flü­gen im Euro­pa­ver­kehr macht die Steuer einen erheb­li­chen Anteil des Gesamt­flug­prei­ses aus.

Die Erhö­hung der Luft­ver­kehr­steuer ist der fal­sche Schritt. Kei­nes­falls darf die­ser fal­sche Schritt noch zusätz­lich falsch umge­setzt wer­den. Kon­kret geht es darum, wie die Erhö­hung der Luft­ver­kehr­steuer auf die bestehen­den drei Dis­tanz­klas­sen umge­legt wird“, führt Ralph Bei­sel, ADV-Hauptgeschäftsführer, aus.

An den deut­schen Flug­hä­fen beträgt der Anteil der Pas­sa­giere, die zu einem Flug­ha­fen in Europa flie­gen, 64,3%. Hinzu kom­men die Pas­sa­giere auf den Ver­bin­dun­gen in der Dis­tanz­klasse 1, die über Europa hin­aus­ge­hen (bspw. Israel). Fast alle grenz­über­schrei­ten­den Flüge ste­hen in kei­ner Kon­kur­renz zur Bahn. Die poli­tisch gewünschte Wett­be­werbs­stär­kung der Bahn gegen­über dem Luft­ver­kehr wird durch das Gesetz nicht erreicht.

Aktu­ell liegt die Umsatz­ren­ta­bi­li­tät einer Air­line bei 2–3% für eine euro­päi­sche Stre­cke. Die Zusatz­be­las­tung durch die Erhö­hung der Luft­ver­kehr­steuer soll für die Dis­tanz­klasse 1 +5,53 EUR, etwa 5,5% betra­gen. Damit über­steigt der Zuschlag durch die Steu­er­er­hö­hung deut­lich die Umsatz­ren­dite der Flug­ge­sell­schaft.

Da der Zuschlag von +5,53 EUR im Euro­pa­ver­kehr nur in gerin­gem Umfang durch Preis­stei­ge­run­gen kom­pen­siert wer­den kann, ist davon aus­zu­ge­hen, dass viele Direkt­ver­bin­dun­gen ab Deutsch­land für die Air­lines unwirt­schaft­lich wer­den. Die Folge sind Flug­strei­chun­gen an den Flug­hä­fen. Dies bedeu­tet, dass Kon­nek­ti­vi­tät, Arbeits­plätze und Wert­schöp­fung – zuguns­ten ande­rer euro­päi­scher Flug­hä­fen – ver­lo­ren gehen”, erklärt der ADV-Hauptgeschäftsführer.

Regio­nen wer­den von not­wen­di­ger Mobi­li­tät abge­schnit­ten

Die geplante Erhö­hung der Luft­ver­kehr­steuer wird viele Flug­ha­fen­stand­orte und ihre Regio­nen schwer tref­fen. Regio­nen in Deutsch­land wie Fran­ken, Sach­sen, West­fa­len, Thü­rin­gen, Baden, All­gäu, Huns­rück, Saar­land, Meck­len­burg oder Bre­men ver­lie­ren an Anbin­dung – mit beein­träch­ti­gen­der Wir­kung für Inves­ti­tio­nen und Arbeits­plätze. Beson­ders betrof­fen wer­den grenz­nahe Flug­hä­fen und ihre Regio­nen sein. Betrof­fen von der Steuer sind auch die Tou­ris­mus­wirt­schaft und Unter­neh­men, die im Geschäfts­rei­se­ver­kehr auf gute Flug­ver­bin­dun­gen ange­wie­sen sind. Die vie­len Pri­vat­rei­sen­den pro­fi­tie­ren von einer guten Anbin­dung an Ziele in der gan­zen Welt.

Die über­pro­por­tio­nale Erhö­hung der Dis­tanz­klasse 1 hat kei­ner­lei öko­lo­gi­sche Len­kungs­wir­kung. Sie führt viel­mehr zu nicht gewünsch­ten wett­be­werb­li­chen Ver­zer­run­gen und zu Ver­la­ge­run­gen an aus­län­di­sche Flug­hä­fen.

Luft­ver­kehr­steu­er­er­hö­hung ver­fehlt kli­ma­po­li­ti­sche Ziele – Unzu­rei­chende Wir­kung für den Kli­ma­schutz

Kor­rek­tur­be­darf: Möchte man wirk­lich etwas für den Kli­ma­schutz tun, dann soll­ten die Ein­nah­men aus der Luft­ver­kehr­steuer für kli­ma­schüt­zende Maß­nah­men im Luft­ver­kehr ein­ge­setzt wer­den (Anreize für CO2–neu­tra­les Flug­ben­zin, Markt­hoch­lauf von PtX-Anlagen, eMo­bi­li­tät in den Boden­ver­kehrs­diens­ten der Flug­hä­fen, ener­gie­ef­fi­zi­en­tere Ter­mi­nal­an­la­gen, etc.).

Noch sind Kor­rek­tu­ren am Geset­zes­ent­wurf mög­lich. Fol­gende For­de­run­gen rich­tet der Flug­ha­fen­ver­band ADV an den Gesetz­ge­ber:

  1. Erhö­hung begren­zen: Sollte eine Erhö­hung der Luft­ver­kehr­steuer unab­wend­bar sein, dann ist die Luft­ver­kehr­steu­er­er­hö­hung zumin­dest auf den Betrag zu begren­zen, der für die Absen­kung der MWSt für den Fern­ver­kehr der Bahn erfor­der­lich ist.
  1. Pro­por­tio­nale Ver­tei­lung auf Dis­tanz­klas­sen I, II und III: Sollte eine Erhö­hung der Luft­ver­kehr­steuer unab­wend­bar sein, dann ist die Erhö­hung (wie im ers­ten BMF-Gesetzesentwurf vor­ge­se­hen) gleich­mä­ßig auf die drei Dis­tanz­klas­sen zu ver­tei­len.
  1. Umstei­ger auch künf­tig aus­neh­men: Sollte eine Erhö­hung der Luft­ver­kehr­steuer unab­wend­bar sein, dann sind auch künf­tig alle Pas­sa­giere, die an den deut­schen Dreh­kreuz­flug­hä­fen umstei­gen, von der Steu­er­er­hö­hung aus­zu­neh­men.
  1. Mit­tel­ver­wen­dung für Kli­ma­schutz: Sollte eine Erhö­hung der Luft­ver­kehr­steuer unab­wend­bar sein, dann sind die Mit­tel zumin­dest für kli­ma­schüt­zende Maß­nah­men bei Air­lines und Flug­hä­fen ein­zu­set­zen.
  1. Decke­lung der künf­ti­gen Ein­nah­men: Sollte eine Erhö­hung der Luft­ver­kehr­steuer unab­wend­bar sein, dann sind die in den Fol­ge­jah­ren anfal­len­den Ein­nah­men durch die Luft­ver­kehr­steuer einer Decke­lung zu unter­zie­hen.

Unsere Flug­hä­fen sind Garant für Wachs­tum und Arbeits­plätze. Wei­tere Restrik­tio­nen an den Flug­hä­fen sind nicht hin­nehm­bar. Damit schafft die Bun­des­re­gie­rung ein Kon­junk­tur­pro­gramm für grenz­nahe Flug­hä­fen im benach­bar­ten Aus­land. Im har­ten inter­na­tio­na­len Wett­be­werb sind natio­nale Belas­tun­gen der eige­nen Indus­trie eine sehr schwere Hypo­thek.“, so Bei­sel abschlie­ßend.

ADV-PM 24 2019 Grüne Ampel für eine wett­be­werbs­fä­hige Luft­ver­kehrs­po­li­tik gefor­dert